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Abbildung 1

I’ve seen the future!

«Assembling the Future together»

17. bis 23. April 2023

IKEA-Ausstellung, Salone del Mobile 2023 (IT)

Ein Text von Andrea Schorro

Ende April 2023 durfte ich im Rahmen unserer Institutsausstellung am Salone del Mobile für ein paar Tage nach Mailand. Anstelle der Designmesse besuchte ich lieber die mir empfohlenen Museen und Ausstellungen. Und an dieser Stelle hätte ich nun eigentlich beabsichtigt über den sagenhaften Pirelli HangarBicocca, die merkwürdig kuratierten Ausstellungen in der Fondazione Prada oder etwas Berüchtigtes über das ethnografische Museum Mudec zu schreiben. Aber im aus allen Nähten platzenden und vor Design strotzenden Milano hat mich das Thema «Konsum» schliesslich überwältigt und für einen zynischen Beitrag in die Knie gezwungen. Im Tortona-Quartier lief ich per Zufall in die IKEA-Ausstellung. Nicht das Warenhaus selbst. Sondern dessen Auftritt, der eigens für den Salone konzipiert wurde. 

Der gelbe, sogartige Eingangstunnel hat mich verschluckt. Und ehe ich mit beiden Beinen in der Ausstellung landete, klebte auf der Rückseite meines iPhones der Kleber «I’ve seen the future!». Was für ein Versprechen. Fast noch besser als jenes des skandalösen Gründervaters Ingvar Kamprad. Er proklamiert erschwingliches Design für alle und lächelt mir gleich neben dem Eingang in schwarz-weiss und einem Stuhl in der Hand entgegen. – Lebt der eigentlich noch?

Die Tour startet in regalartiger IKEA-Manier mit noch nicht käuflichen alten Neuheiten. Die Kollektion heisst «Nytillverkad». Es geht um neugedachte Klassiker. Denn, «if you put something away and then bring it back decades later and it still works then it’s timeless» erklärt Designer Rutger Andersson.[1]  Noch zeitloser wäre es, wenn der echte Klassiker immer noch brauchbar wäre. Ich schreite den Regalen entlang. Der Hocker mit den knalligen Beinen und dem Prototyp-Schild wäre super für die Küche. «This collection is loud, colorful and fun… All of the products have a story behind them.»[2] Jawohl, das möcht ich haben. Preis = 6.95 Euro. Das spricht Bände. Ich geh weiter und gelange in den hinteren Teil der Halle und betrete die installative Ausstellung «Elements of our future». Im Zentrum steht die ehrliche Diskussion über die Umweltbedingungen, mit denen wir alle konfrontiert sind. Das Ziel ist die Schaffung einer Vision, die uns motiviert unseren «Teil» zu leisten[3] – also den Hocker zu kaufen? Inhaltlicher Aufhänger sind die vier Elemente. Sie bilden die Substanz unserer Ressourcen. Jedes Element wird durch eine Installation repräsentiert. Lösungen finde ich leider keine. Aber gut schaut’s aus und jede Menge Produktplatzierungen. 

Ich bin mitten im Greenwashing-Paradies gelandet und erinnere mich an Papanek, wie er seine Kolleg:innen bereits in den 70er Jahren rügte, dass sie dem «Planeten Erde durch ihr Tun nicht wiedergutzumachenden Schaden zufügen».[4] Aber die Kampagne mit den #FRAKTA find ich trotzdem gut – den Hocker auch. Ich erkenne das Konzept – und es funktioniert (leider trotzdem). 


[1] IKEA-Ausstellung «Assembling the Future together», Salone del Mobile 2023

[2] Ebd.

[3] Ebd.

[4] Claudia Banz, Hrsg., Social Design: Gestalten für die Transformation der Gesellschaft, Design, Band 6 (Bielefeld: transcript, 2016), 92.

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