Freizeitsymbiose
Freizeitsymbiose
Kunsthaus Baselland
Drei Einzelausstellungen:
Marlene McCarty, Into the Weeds | Stefan Karrer, oO. | Christoph Oertli, Sensing Bodies
Jahresaussenprojekt 2020:
Lena Eriksson, Tag und Nacht freihalten
Ein Text von Anouk Urben
Es ist still um das Kunsthaus Baselland. Das Museum steht in Muttenz, direkt nach der Kantonsgrenze von Baselstadt und Baselland. Das ehemalige Fabrikgebäude befindet sich neben der Birs und dem Fussballstadion St. Jakob und wirkt auf den ersten Blick unscheinbar. Einzig das Jahresaussenprojekt von Lena Eriksson mit dem Titel «Tag und Nacht freihalten», das die Fassade zur Hauptstrasse hin ziert, weist auf den Ausstellungsraum hin.
Ich komme kurz vor der Öffnungszeit bei meinem Arbeitsort, dem Kunsthaus Baselland, an. Ich stelle mein Fahrrad auf dem grosszügigen Vorplatz ab und schliesse die erste Tür auf. Nach Eingabe des Sicherheitscodes an der Alarmanlage öffne ich die zweite Tür und schliesse sie sogleich wieder hinter mir ab. Drinnen ist Stille – einzig eine Audioaufnahme ist von Weitem zu hören. Womöglich wurde sie am Vortag von meiner Arbeitskollegin vergessen auszuschalten. Glück für mich, das heisst, ein Medium weniger einschalten. Nach dem Drücken des Hauptstromschalters bewege ich mich mit einer Kartonschachtel voll Fernbedienungen von Raum zu Raum. Über drei Ebenen erstrecken sich Video- und Audioinstallationen, Zeichnungen und ganz speziell, eine Pflanzenanzuchtstation und ein rundes Beet direkt beim Eingang. Es handelt sich um ein Konzept der Künstlerin Marlene McCarty: Weibliche Pflanzen mit toxischer Wirkung. Diese unterstützen die wandfüllenden Zeichnungen zu Themen wie sexueller Ungleichheit, die Rolle der Frau und Transbiologie.
Es ist mittlerweile 11 Uhr und ich schliesse die Türen vom Museum erneut auf. Mit einem Keil fixiert bleiben sie offenstehend und einladend für die kommenden Gäste. Und sie kommen schon bald. Tröpfchenweise fahren die Besucher*innen mit dem Fahrrad vor oder erscheinen zu Fuss vor Ort.
Rund drei Stunden nach der Öffnung fährt ein erstes Motorrad auf den Vorplatz. Laut brummend wird es der Hauswand entlang geparkt. Der Besitzer des Fahrzeugs steigt ab und läuft in die entgegengesetzte Richtung des Eingangs. Mir wird sofort klar: heute ist ein FCB-Match. Meine Vermutung hat sich bald darauf bestätigt. Während zwei Stunden rieseln weitere Motorräder auf den Vorplatz des Museums und füllen ihn gänzlich aus. Die Lenker*innen sind rotblau gekleidet und bewegen sich fort vom Kunstraum in Richtung Sportwelt.
Vor dem Museum bleibt eine absurde Atmosphäre zurück. Der üppige Vorplatz trügt den Anschein eines vollen Museums. Beim Verlassen des Ortes erscheinen die Museumsgänger*innen schon fast fremd in diesem Meer von Motorrädern.
Von Weitem hört man Stadionwellen, FCB-Lieder, Klatschen, Johlen, Buhrufe und Pfiffe. Die Geräusche verschmelzen sich mit den Soundinstallationen von Stefan Karrer. Die Ausstellung bekommt an diesem Tag einen ganz eigenen Charakter.
Abbildungsverzeichnis:
Abb. 1: Anzuchtstation im Annex
Abb. 2: Vorplatz des Kunsthaus Baselland um 11 Uhr.
Abb. 3: Vorplatz des Kunsthaus Baselland um 14 Uhr.
Abb. 4: Vorplatz des Kunsthaus Baselland um 15 Uhr.
Abb. 5: Vorplatz des Kunsthaus Baselland um 16 Uhr.
Abb. 6: Jahresaussenprojekt «Tag und Nacht freihalten» von Lena Eriksson
Abb. 7: Rundes Beet beim Eingang
Fotos: Anouk Urben