Rezension Performance Floris Maniscalco (live), 29.04.2023 20:00
Rezension Performance Floris Maniscalco (live), 29.04.2023 20:00
«shapeshifter», Ausstellungsraum Klingental, 16.04.2023 – 21.05.2023
Ein Text von Massimo Pozza
«shapeshifter» ist eine Ausstellungsplattform für Sound Art und Performances im Ausstellungsraum Klingental. Das Programm wurde von Ana Jikia und Gerome Gadient kuratiert und soll eine Geografie der Nostalgie zeichnen (Ausstellungsraum Klingental). Während sieben Abenden bringen unterschiedlichste Künstler:innen ihre Sehnsüchte und Erinnerungen in Livesets, Konzerten und performativen Inszenierungen den Zuhörenden näher.
Der Raum, in dem das alles stattfindet, ist weiss und steril, neben der Eingangstüre stehen obligatorische weisse Schuhüberzüge. Ein langer schlauchartiger Raum eröffnet sich einem, ausgekleidet mit weissen Vorhängen und weissen Bodenschutzmatten. Die Farblichkeit des Raums wirkt zuerst abstossend, doch der weiche Boden lädt ein sich hinzusetzen, hinzulegen und sich vollkommen hineinzubegeben. Das kalte Raumgefühl wird zudem durch ein oranges Beleuchtungskonzept kontrastiert.
Minutiös symmetrisch verteilt, liegen die schwarzen Monitore, Hochtöner und Subwoofer, welche eine optimale Akustik überall im Raum gewährleisten.
Vor der hinteren Wand ist ein Tisch aufgebaut, bestückt mit unzähligen kleinen Geräten und tausenden Kabeln. Ein Mikrophon, ein Laptop und ein leerer Olivenölkanister mit Paukenschlägern sind die einzigen «Instrumente» des Künstlers.
Floris Maniscalco eröffnet den Abend mit einem dreissigminütigem Liveset. Seine Musik ist durchzogen mit Referenzen zu Heimat, Familie und Sehnsüchten. Gesang verbunden mit Fieldrecordings aus der Natur und rhythmischen Hintergrundklängen zeichnen sein musikalisches Werk.
Als die Türe sich schliesst, blicken alle nach vorne zum Tisch. Die ersten Klänge sind hart und klar, verschmelzen jedoch sehr bald in eine weiche harmonische Melodie, welche sanft von seiner Stimme begleitet wird. Texte über Liebe, Sizilien und Erinnern fliessen teils sanft mit der Musik einher, teils werden sie brutal übertönt oder unterbrochen. Nach wütenden Phasen, mit Trommelschlägen auf den leeren Kanister, folgen zarte Momente, dann Kindliche, mit einem sizilianischen Gute-Nacht-Lied, und schlussendlich erklingen nur noch die Aufnahmen von Grillen in einer warmen Nacht.
Die gekonnten Vermischungen der einzelnen assoziativen Landschaften eröffnen ganze Welten und doch macht sich (zumindest bei mir) ein Gefühl der Unvollkommenheit und Sehnsucht breit.
Ohne Fade-out kommt das Ende nach dem Lied aus Floris’ neuem Album ganz abrupt. Mit einem leisen Dankeschön überlässt er die Zuhörer:innen ihren eigenen Gedanken und Gefühlen.