Museum of Emptiness – Das Spiel mit der Leere
Museum of Emptiness – Das Spiel mit der Leere
Besuch im Museum of Emptiness, Haldenstrasse 5, St. Gallen am 24.03.2021
Ein Text von Nora Maritz
Im Museum of Emptiness wird die Leere sowohl als Ausstellungobjekt als auch als Ausstellungsgrund zelebriert. Das Einraummuseum lädt die Leere ein zu verweilen, und der Besucher* und die Besucherin* wird aufgefordert diesen Zustand der Leere auszuhalten und zu entdecken, denn leer ist das Museum nicht. Die Vergangenheit mit all ihren Spuren und damit verbundenen Geschichten ist total präsent und sichtbar. Es ist eine Entdeckungsreise und ein Innehalten sowie ein Durchatmen. Der architektonische Raum kann in aller Ruhe betrachtet werden: Durch einen einstigen Wasserschaden fehlt in der einen Ecke der Putz und das darunterliegende Steinwerk wird sichtbar. Die alten Rollläden mit ihren grossen Gewinden sind ebenfalls Blickfangpunkte und erinnern an vergangene Zeiten. Sobald die Sonne ihre Strahlen durch die alten Fensterscheiben wirft, beginnt das Lichtspiel an der gegenüberliegenden Wand. Die Welt aussen spielt so mit der Leere im Inneren.
Nicht nur der Raum selbst, auch die vergangenen Interventionen im Raum sind noch zu sehen. So prangt der Schriftzug «Waiting for Artist’s Idea» prominent an der einen Wand. Dies ist das Überbleibsel einer Arbeit von Stano Masar, der den Schriftzug und das Konzept im Jahr 2018 zur Ausstellung gebracht hat. Auch andere vorausgegangene Ausstellungen sind entdeckbar. Da wäre der Farbanschlag von Gen Atem und Miriam Bosshard unter dem Titel «Meditated Vandalism». Eine rechteckige Bildfläche an der einen weissen Wand wurde abgeklebt, und der Raum rundherum komplett geschützt, um dann mit wiederum weisser Farbe diese Bildfläche zu attackieren. Unscheinbar, aber sobald entdeckt, nicht mehr auszublenden.
Das Lichtspiel hat ebenfalls zum Experimentieren eingeladen. Die Künstlerin Haviva Jacobson hat die untersten Scheiben ergänzt, mit ihrer Arbeit «Ora Serrata». Die Gläser erscheinen zerkratzt, durch die Linien wird das Licht gesammelt und die Strahlen der Sonne nochmals gebrochen, um das Lichtspiel zu intensivieren.
Das Museum bietet also Künstler*innen, Performer*innen und auch Workshopleiter*innen einen Raum, um ihre Arbeiten zu zeigen oder auszurichten. Es hält also die Leere bereit, um Platz zu bieten für die vielen unterschiedlichen Ideen. Dennoch soll inhaltlich die Leere – oder eher das Spiel mit dieser – das Thema der Arbeiten bleiben. Zwischen den eingeladenen Nutzer*innen bildet die Leere beinahe einen Zwischenzustand; nur da, um zum späteren Zeitpunkt befüllt zu werden. Die Frage nach dem Widerspruch stellt sich mir – kann Leere hier auch als eigenständiger Bestandteil verstanden werden? Nach meinem Besuch ist die Antwort klar. Ja, dieser Ort mitten in St. Gallen strahlt eine Ruhe und Stille aus, die mich innehalten lässt. Und die Leere des Raumes überträgt sich beim Aufenthalt kontinuierlich in meinen Kopf, die Gedanken verlangsamen und werden still…
Bildquellen:
(1) Lichtspiel an weissen Wänden
https://museumoe.com/wp-content/uploads/2017/04/2017-03-17-PHOTO-heller-web.jpg
(2) Steinerne Ecke und Raum der Leere:
https://museumoe.com/wp-content/uploads/2018/01/MoE_Sonnenwand.jpg
(3) Gilgi Guggenheims Sprung ins Foyer:
https://museumoe.com/wp-content/uploads/2016/12/Gilgi_MoE_03.jpg