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Unknown

STADTSCHLEIFE

Soundoverload

STADTSCHLEIFE

Galerie Durchgang Basel, 24.04 – 24.05.2025

Ein Text von Natalie Dörschel

Gegenüber dem Petersplatz in Basel versteckt sich die Galerie DURCHGANG. Eigentlich will ich zur Ausstellung an der Kaserne, doch die gemütliche Markise auf der anderen Straßenseite hält mich auf. Im Sonnenlicht erkenne ich nur einen gläsernen Eingang mit beigen Kugeln dahinter. Die Tür steht offen. Kurzentschlossen überquere ich die Straße, schließe mein Fahrrad an und höre ein Hupen. Stehe ich im Weg? Die Geräusche kommen aus der kostenlosen Ausstellung – ich betrete vorsichtig den Raum.

Die weißen Wände wirken steril, und ich frage mich, ob überhaupt geöffnet ist. In der Mitte sitzt eine Frau am Laptop: Tonya Steppacher. Auf meine Frage, ob ich mich umsehen darf, nickt sie freundlich: „Klar, die Ausstellung ist offen.“ Sie gibt mir eine kurze Einführung: Die Künstler*innen thematisieren das Zusammenspiel von urbanem und natürlichem Raum – Spuren, die wir hinterlassen, und deren Einfluss auf das Zusammenleben. Der Titel Stadtschleife spielt auf das Netz sozialer Beziehungen an. Das Netz an Beziehungen, das sich verdichtet und immer neu formt.

Bei Angela Staffelbach – resonating diaries 2022 im Obergeschoss hängen große Latexbälle im Raum, ausgestattet mit Lautsprechern und Vibratoren, die Tagebucheinträge vertonen. Ihre Bewegungen im Luftzug wirken lebendig, fast beruhigend – bis die Geräusche intensiver werden. Mal höre ich reine Töne, mal undeutlich Gesprochenes oder ganze Geräuschkulissen. Draußen startet ein knatternder Roller, ich werde unruhig. Nach einer halben Stunde habe ich als hochsensible Person Mühe, die teils stressigen Sounds von innen und außen zu trennen. Ich stelle mir Angela als alleinerziehende Mutter in Basel vor. Ihre Waschmaschine scheint kaputt zu sein. Ob das alles stimmt, will ich nicht wissen.

Martin Heynen – Longings 2025 verteilt im hinteren Teil des Obergeschosses filigranere Bälle und platziert Metall- und Plastikteile. Erst durch die Toninstallation, die Tonya für mich startet, erkenne ich die Verbindung zur Idee der gefundenen Objekte des Außenraumes. Doch der Klang der resonating diaries überlagert in Lautstärke und Dichte das Erlebnis – mein Interesse an der Persönlichkeit hinter den Tagebucheinträgen der ersten Installation zieht mich weg vom objektbezogenen Rätseln.

Joe Carceller zeigt im Untergeschoss mithilfe zweier Beamer eine Videoinstallation zu Straßenhunden. Kopfhörer helfen dabei, sich auf den Ton zu konzentrieren. Obwohl ich die Fotografien bewundere, fehlt mir nach 45 Minuten in der oberen Ausstellung die emotionale Kraft, mich auf das Thema einzulassen. Das Treppenhaus im Rücken verstärkt mein Unbehagen.

Am Ende sitze ich noch einmal zwischen Staffelbachs Latexbällen, versuche die Tagebucheinträge zu entschlüsseln und lasse die Geräusche von drinnen und draußen ineinanderfließen. Ich fühle mich im Durchgang – genau dazwischen.Wegen fehlender Finanzierung und dem White Cube, welcher nicht mehr allen Werken gerecht wird, muss der Galerieraum im September schließen. Tonya hat kuratiert, den Künstler*innen aber viel Freiraum gelassen. „Normalerweise hätte ich nie so viel Hängendes auf einmal geplant“, erklärt sie. Besonders die Soundüberschneidungen und Kabel an der Decke sieht sie kritisch. Da der Sound von Martin Heynen unvorhergesehen ergänzt wurde, wird die Performance als Kompromiss einmal stündlich manuell gestartet.

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