
Tote Erinnerungen
Tote Erinnerungen
Ein Text von Mara Hollenweger
Oft lassen mich klassische Museen seltsam unberührt zurück. Sie erscheinen mir wie stille Räume, fernab meiner Lebensrealität. Ich wandere dann durch die Gänge, betrachte Vitrinen und Texte, und fühle mich innerlich leer, nicht Teil eines lebendigen Austauschs. Doch der Titel dieser Ausstellung sprach mich an: „Memory – Momente des Erinnerns und Vergessens“.
Als sehr nostalgischer Mensch liebe ich es, in meiner Vergangenheit zu leben. Tagebücher, alte Gegenstände, Erinnerungen. All dies zieht mich an. Ich denke gerne zurück an Momente, an Phasen, an Gerüche, an Lieder, an kleine Dinge, die verloren gingen. Und in einer Zeit, die wir jetzt gerade durchleben, in welcher die Welt laut, schnell und unfair scheint, sehne ich mich mehr denn je nach etwas, das mich an das Gute im Menschsein erinnert: An Verbundenheit, an Sinn, an Leben. Die Ausstellung im Museum der Kulturen Basel versprach genau das: Geschichten von Menschen, von gelebten Praktiken, von Kulturen und ihren Spuren. Themen wie Geburt, Tod, Trauer, Freude, diese grossen universellen Erfahrungen, welche uns als Menschheit verbinden. Ich war neugierig und wollte mich auf dieses Museum einlassen. Doch dann trete ich in den Raum und bin sofort etwas enttäuscht. Die Wände sind weiss, die Sockel grau, kalt und steril. Die Objekttexte klein, präzise, sachlich. Eine bewusste Zurückhaltung, nehme ich an. Vielleicht um das Objekt sprechen zu lassen. Aber sie sprechen nicht sie liegen starr und unerreichbar. Ich verstehe die gestalterische Entscheidung. In der Präsentation kultureller Artefakte liegt immer eine Verantwortung. Es geht um Machtverhältnisse, um Fragen der Aneignung, um Respekt. Vielleicht will das Museum durch diese „Neutralität“ eine gewisse Distanz herstellen. Politisch neutral und unangreifbar sein. Eine Leere, in der man selbst denken, fühlen, reflektieren soll. Doch nun fühle ich mich leer. Denn hier geht es doch um Leben, um gelebte Realität, um Erinnerungen, Rituale, Schmerz, Freude, Gemeinschaft. Aber all das wird in dieser Inszenierung eingefroren. Statt vielbenutzte Alltagsobjekte werden sie so zu toten Kunstwerken unter dem Glas. Die Gegenstände wirken stumpf und leblos. Ich trete während des Besuchs nicht in einen Dialog mit dem Raum oder den Objekten. Im Gegenteil. Der Raum konfrontiert mich mit der Frage, wie wir eigentlich Geschichten erzählen wollen, und wie wir die Machtverhältnisse auflösen können. Und ich habe keine Ahnung, wie wir das angehen sollen. So wandere ich weiter, von Raum zu Raum und fühle mich wie ein lebendiger Fremdkörper inmitten toter Artefakte einer vergangenen Welt.


Bildquellen: Mara Hollenweger, 16.4.25