BRASILEA: Ich verstehe nur portugiesisch
BRASILEA: Ich verstehe nur portugiesisch
APE COLLECTED BY BRASILEA- COMING HOME- JUBILÄUMSAUSSTELLUNG II – 15 JAHRE
Ein Text von Yves Kern
Samba, Karneval, Rio, Amazonas, so exotisch und farbenfroh diese Begriffe auf uns wirken, so überra- schend präsentiert sich das Brasilea am Westquai in Basel. Das ehemalige Schiffsmotorenwerkstattge- bäude mit seiner grün eingefärbten Polyester-Wellplatten Fassade wirkt genau so unerwartet wie auch fremd in dieser sonst so von der Industrie geprägten Umgebung. Die Stiftung, mit ihrem Gründerva- ter Walter Wüthrich setzt sich zum Ziel einen Hafen für brasilianische Kultur sowie bildender Kunst,Fotografie, kulturelle Veranstaltungen und Konzerte zu bieten und diese zu fördern. So vielschichtigund komplex sich dieses Konzept präsentiert, so unklar stellt sich das kuratorische Handwerk in der Arte Perpetual Establishment Jubiläumsausstellung II dar. Sie zeigt Gemälde, Skulpturen und Instal- lationen von vorwiegend Artists in Residency, welche in ihren Arbeiten den Fokus auf Basel legten. Die Austellung zeigt sich auf zwei Stockwerken und ist somit räumlich getrennt. Erschlossen werdendie beiden Ausstellungsräume durch ein in entgegengesetzter Richtung befindliches Treppenhaus. Brasilianische übergrosse Fitinhas Bänder bilden einen blickdichten Vorhang und verhindern die un- eingeschränkten Sicht auf die gezeigten Werke. Durchschreitet man jedoch diesen, erlebt man die volle brasilianische Lebensfreude. Freischwebend, farbige Installationen, statische Skulpturen, ein,in einer Kiste gezeigtes Videoportrait der Stiftung und an Wände montierte Gemälde bieten sich dem Museumsbesucher dar. Im Obergeschoss ein ähnliches Bild. Vier freistehende Wände in einer, diago-nal zum Raum rechteckig angeordneten Form zeigen Fotografien und Gemälde frei nach dem Mottoeine Wand, eine künstlerische Arbeit. Ergänzt werden diese durch zwei Skulpturen von RaymundoSesma und Daniel Oppliger welche auf Sockeln unterschiedlicher höhe präsentiert werden. Farblichgreift die Ausstellung die architektonischen Gegebenheiten gekonnt auf und gestaltet sich vorwie- gend in Graustufen.
Überschüttet und etwas überfordert von den vielen Sinneseindrücken versucht man vergebens das ganze zu Kontextualisieren. Genaue Hintergrundinformationen zu den einzelnen Werken und demkünstlerischen Arbeiten findet man vor Ort nur sporadisch im Gegensatz zu den auf der Internetsei- te aufgeschlüsselten Informationen. Räumlich dramaturgisch verhält sich das Gezeigte leider in den identischen Graustufen. Alles wirkt gleich, Akzente sucht man vergebens und somit bleibt ein grosses schwammiges allerlei in Erinnerung. Schade, da mit Sicherheit hinter jeder Arbeit eine spannende Denkweise und Geschichte steckt. Es stellt sich also eine Grundsatzfrage; warum sollte man eine Ausstellung besuchen und was sollte sie vermitteln?
Eine Tendenz die aktuell Festzustellen ist betreffend Ausstellung ist die des sogenannten Erlebnisses.Die Ansprüche der Museumsbesucher haben sich geändert, die Zeiten der klassischen Wissensver-mittlung scheinen vorbei. Doch es besteht die Gefahr, wie schon im klassischen Theater von BertholdBrecht oft kritisiert, dass durch das ins Zentrum rücken von inszenierter Umgebung und der Überbeanspruchung interaktiver und digitaler Medien das Erleben überhandnimmt und der Rezipient nicht mehr kritisch hinterfragt.¹
Das vermitteln von Wissen und das kritische Hinterfragen sollte jedoch zentrales Thema eines Museums-, Ausstellungsbesuches sein, dies bedingt jedoch eine dramaturgisch klare Struktur. Dazuzählt der räumliche Ablauf, eine klare Objekt-Text-Montage, eine inszenatorische Attraktivität und qualitative Texte.2 Abschliessend stelle ich Folgende These auf: In Zukunft wird ein Museum/ eineAustellung einen wichtigen Beitrag in der Objekt-Material-Mensch Beziehung einnehmen, da durch die immer mehr aufkommende Digitalisierung die Sensibilisierung des sich im physischen Raum anwesenden Ding sonst verloren geht.
1) Hanak-Lettner, Werner; Die Ausstellung als Drama, Wie das Museum aus dem Theater entstand, Transcript Verlag 2010, S. 86.