
Zwischen Sonne, Parkett und Pistole
Zwischen Sonne, Parkett und Pistole
Ein Frühlingsbesuch im Cartoonmuseum Basel wird zum Kontrastprogramm – Thomas Otts Mafiazimmer hinterlässt dabei den grössten Eindruck
Ein Text von Aline Haller
Es ist ein wunderschöner Frühlingsmorgen Anfang April – einer der ersten Tage, an denen kurze Hosen sich wieder richtig gut anfühlen. Ich schlendere durch die Basler Innenstadt, Musik auf den Ohren, Sonne im Gesicht, Coca Cola Zero in der Hand. Die Welt wirkt leicht, fast beschwingt. Mein Ziel liegt etwas versteckt, in einem kleinen Altstadthaus in der St. Alban-Vorstadt: das Cartoonmuseum Basel. Dort besuche ich die Ausstellung From Scratch, eine Retrospektive des Schweizer Comickünstlers Thomas Ott.
Sobald ich das Haus betrete, verändert sich die Stimmung schlagartig. Weg ist die heitere Leichtigkeit des sonnigen Morgens. Die Ausstellung taucht mich in eine dunkle, fast beklemmende Welt. Schwarz-weisse Arbeiten auf Schabkarton, die Ott mit einem Skalpell regelrecht in die Oberfläche kratzt. Seine Motive sind verstörend, surreal, melancholisch. Die Räume selbst sind schlicht und zurückhaltend in der Farbgebung, was den düsteren Eindruck noch etwas verstärkt.
Und dann, fast am Ende der Ausstellung, betrete ich ein ganz anderes Werk: das Mafiazimmer. Plötzlich ist alles anders. Der Ausstellungsraum ist hell, mit warmem Parkettboden und Sonnenlicht, das durch die Fenster fällt. Doch trotz der freundlichen Kulisse bleibt die Atmosphäre angespannt und geheimnisvoll. Das Mafiazimmer ist kein klassisches Kunstwerk – es ist ein installativer Raum, eine Art lebendig gewordenes Stillleben.
Ein altertümlicher Schreibtisch steht im Zentrum, darauf liegen Zeitungen, eine halb gerauchte Zigarre, ein Revolver. An der Wand hängen düstere Porträts. Es wirkt, als hätte hier gerade noch jemand gesessen. Alles ist auf eine behutsame Weise inszeniert und lädt dazu ein, sich eigene Geschichten auszumalen. Vielleicht ein Mafioso, vielleicht ein Detektiv, vielleicht jemand ganz anderes.
Gerade dieses Werk hat mich besonders fasziniert. Vielleicht, weil es so greifbar ist, fast wie eine kleine Bühne. Bestimmt aber auch, weil es wirkt, als hätte jemand den Raum soeben verlassen und kommt jeden Moment zurück.
Als ich das Museum verlasse, bin ich wieder in der Sonne, zurück im Frühling. Doch das Mafiazimmer geht mir nicht so schnell aus dem Kopf. Ein stiller, spannender Kontrast zu einem ansonsten sehr lebendigen Tag.
