Wenn unsichtbare Kräfte sichtbar werden
Wenn unsichtbare Kräfte sichtbar werden
Takis
MACBA, Museu d’Art Contemporani de Barcelona, Plaça dels Àngels, 1, 08001 Barcelona, Spanien
Ein Text von Rahel Güntert
Im Eingangsbereich, in einem weissen, hohen Gang, begegnet man einem grossen Gong und zwei hängenden Kugeln. Die Elemente wirken trotz ihrer Bewegung, welche durch magnetische Kraft erzeugt wird, statisch und schwer. Das Streifen der grossen Kugeln an einer Saite intoniert einen tiefen Klang, der Ruhe im Raum erzeugt. Ironischerweise erhält man durch das Fenster im Hintergrund Ausblick auf die lebendige, laute Plaça dels Àngles.
Die Ausstellung zeigt einige der wichtigsten Arbeiten von Takis. Er wurde 1925 in Griechenland geboren und starb im August 2019. Der Bildhauer, Objekt-, Installations- und Performance-Künstler war vom Konzept der Energie besessen. Schon früh begann er mit Energie und Bewegung in Skulpturen zu experimentieren. Seine Idee war, eine neue, lebendige Kraft in Eisenskulpturen zu übertragen. Kurz gesagt: unsichtbare Kräfte zu visualisieren.
Im Hauptteil der Ausstellung betritt man einen dunklen Raum, der mit Radaren, Zifferblättern und Antennen ausgestattet ist. Hier steht die wissenschaftliche Erforschung der Materialien und deren Verhalten im Zentrum. Die normalerweise unsichtbaren elektromagnetischen Kräfte werden durch Licht sichtbar gemacht. Von undefinierbaren Klängen im Hintergrund wird man weiter in die Ausstellung gelockt. In einem hellen, weissen Raum findet man Skulpturen sowie magnetische Bilder. Unter anderem hat Takis hier den Schall erforscht, der durch Elektromagnetismus und hängende Metallstäbe, die auf Luftströmungen reagieren, erzeugt wird. Reibung und Bewegung der Stäbe transformieren den produzierten Klang, welcher nicht vollständig kontrolliert werden kann. Weiter hinten im Raum trifft man auf Takis bekanntestes Werk «Magnetic Fields» aus dem Jahr 1969. Aufgehängte und stehende Magnete vermitteln ein Gefühl von Leichtigkeit und Bewegung, als stehe man in einem «Blumenfeld» und ein sanfter Wind wehe. Takis gestaltete hier das Ergebnis der unsichtbaren Energie als Kommunikation zwischen Materialien. Zum Schluss der Ausstellung führt ein Gang, der sich seitlich in kleine offene Räume öffnet, durch das Leben Takis’. Er leitet die Besuchenden zurück in den Eingangsbereich der Ausstellung. Takis’ Arbeit ermöglicht eine produktive Konfrontation zwischen Kunst, Wissenschaft und zeitgenössischer Welt. Er untersuchte Materialien, deren Eigenschaften und Verhalten sowie deren Spontanität. Die skulpturalen Inszenierungen und Klangwelten sind sehr leicht zugänglich und ziehen
die Menschen schnell in ihren Bann. Die schlichte Szenografie und die minimalistische Einteilung der überwiegend hell beleuchteten Räume lenkt die ganze Aufmerksamkeit auf die Experimente und erzeugt eine Atmosphäre, welche die Faszination der spielerischen und experimentierfreudigen Arbeitsweise Takis’ vermittelt. Meiner Meinung nach ein voller Erfolg!
Abb. 1: Gong
Abb. 2: Signal/Radar
Abb. 3: Wandbildserie
Abb. 4: Schallerforschung
Abb. 5: Magnetic Fields/Blumenfeld
Abb. 6: Ausschnitte aus Takis Leben