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Abb. Skizze
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Der stille Dialog

Der stille Dialog

Ein Text von Cai Ling Duong

Bruce Nauman – Disappearing Acts 2018, Schaulager, Münchenstein

An einem Stapel mit pinkfarbenen A2-grossen Postern konnte sich jeder Besucher ein Erinnerungsstück aus der Ausstellung von Bruce Nauman – Disappearing Acts 2018 im Schaulager mit nach Hause nehmen. Mit der textlichen Anweisung lädt der Künstler mit seinem Werk Body Pressures (1974) den Besucher ein, die räumliche Grenze zwischen der Wand und dem eigenen Körper zu erfahren. Drei Meter entfernt neben dem Stapel lag eine Performance-Künstlerin, die im Minuten Takt auf dem Boden in Wechselbeziehung zur Wand ihre Position veränderte. Eine Vorführung der textlichen Anweisungen, war meine erste Auffassung. Für Minuten stand ich da und versuchte ihre Positionen mit dem textlichen Inhalt zu verknüpfen. Einen klaren Zusammenhang fand ich nicht.
Die Antwort auf die Divergenz zeigte sich erst mit dem zweiten Besuch der Ausstellung. Anders als beim ersten Mal, verriet mir der Audioguide, dass ich zwei Werke als eines wahrgenommen habe. Die Performance war eine Reenactment des Werks Wall-Floor Positions (1968) und war ein selbstständiges unabhängiges Werk. Dreissig Minuten lang blickte ich vom oberen Stock auf die Performance und hielt jeden Schritt der Künstlerin fest. Dabei beobachtete ich immer dieselbe Reaktion. Jeder Gast nahm sich das Poster, hielt inne, beobachtete die Bewegung der Künstlerin und blickte wieder auf das Poster. Aus dieser Reaktion kann ich behaupten, dass jeder Gast, wie in meinem Fall, diese zwei Werke als eines las. An diesem Beispiel sieht man, welchen grossen Einfluss und Auswirkungen Werke haben können, die im Dialog zueinanderstehen. Meines Erachtens ist dieses Beispiel eine hervorragende und faszinierende szenografische Konstellation. Durch die Gegenüberstellung wurde eine textliche eher triviale Arbeit mit der Performancekunst aufgewertet. Bewegung, die insbesondere vom physischen Menschen durchgeführt wurde, fasziniert. Menschen beobachten gerne Menschen. So behaupte ich, dass ein Text in dieser Länge, der still im Bilderrahmen aufgehängt wäre, niemals so einen hohen Stellenwert erhalten hätte. Eine gelungenes szenografisches Moment kann die Wahrnehmung des Besuchers gezielt steuern oder sogar manipulieren. Die Kraft von szenografischen Arbeiten darf man auf keinen Fall unterschätzen.

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